Judith Miggelbrink studierte Geographie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und promovierte 2001 an der Universität Leipzig. Derzeit koordiniert sie den Forschungsschwerpunkt „Raumproduktionen im Verhältnis von Staat und Gesellschaft“ am Leibniz-Institut für Länderkunde. Ihre Forschungsschwerpunkte befassen sich mit sozialgeographischen Fragestellungen, insbesondere border studies/Geographien der Grenze, visuelle Geographien, Indigenität und Territorialität. Regional arbeitet sie vor allem in Deutschland, Nordeuropa sowie im mittleren und östlichen Europa. Seit 2014 ist sie Beisitzerin im Vorstand des VGDH.
Was hat Sie während Ihres Geographie-Studiums am meisten fasziniert? Und was ist Ihnen am schwersten gefallen?
Ich habe an der Universität Münster, an einem relativ großen Institut mit zahlreichen Lehrenden und Studierenden studiert. Fasziniert hat mich die Vielfalt und Gegensätzlichkeit der Perspektiven und die unterschiedlichen Weisen, in der Geographie zu lehren und zu forschen, auch über die Grenzen von Human- und Physischer Geographie hinweg. Eine kritische Auseinandersetzung mit Forschungsperspektiven, ein permanentes Hinterfragen von „Wissen“ ist mir seitdem ein wichtiges Anliegen.
An welchem konkreten Projekt arbeiten Sie aktuell und warum?
Ich koordiniere am IfL eine Forschergruppe, die sich mit Raumproduktionen im Verhältnis von Staat und Gesellschaft auseinandersetzt. Wir arbeiten derzeit an mehreren Forschungsprojekten, die sich u.a. mit den Grenzsicherungspolitiken im Schengen-Raum und mit extraterritorialen Programmen und Projekten der EU in Belarus, der Ukraine und Moldova und deren lokale-regionale Einbettungen befassen. Aktuell läuft zudem ein Projekt zum Verhältnis von Subjektivität und Schrumpfungsdiskurses an einem Beispiel aus Ostthüringen. Darüber hinaus interessiere ich mich für Prozesse der Regionenbildung und für Regionalismen (u.a. im Kontext indigener Politiken) sowie für die Rolle von Bildlichkeit und Visualität bei der Herstellung von Gesellschaft-Raum- und Mensch-Umwelt-Verhältnissen.
Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die wichtigen Themen der Geographie bzw. der aktuellen geographischen Forschung?
Das ist eine schwierige Frage. In einer pluralistischen Gesellschaft ist es immer problematisch zu sagen, etwas ist wichtig oder unwichtig, denn das hängt entscheidend von den jeweiligen Bedürfnissen, Lebensbezügen und sozialen Verhältnissen ab. Mir scheint es aber zunehmend wichtiger zu werden, Beziehungen zwischen Lokalität, Regionalität und Globalität in alltäglichen politischen, ökonomischen, sozialen, umweltbezogenen Praktiken usw. kritisch zu analysieren – im Wissen um die zahlreichen fachtheoretischen Debatten der vergangenen Jahre und konstruktiv darauf aufbauend.
Aus Ihrer Sicht: Wozu ist der Verband da, was soll er erreichen?
Ein Verband ist zu allererst immer eine Interessensvertretung seiner Mitglieder. In diesem Sinne sollte Verbandsarbeit offen sein für die Anregungen, Fragen und Probleme, die von den Mitgliedern eingebracht werden – sei es, was die Umbenennung des „Deutschen Geographentags“ in „Deutscher Kongress für Geographie“ betrifft oder die Vorbereitung und Durchführung einer Studie zum Geschlechtergleichstellung in der deutschen Hochschulgeographie. Ich sehe den Verband als Möglichkeit, solidarisch zu handeln, fachpolitische Anliegen nicht nur an den jeweiligen Standorten und in einzelnen Instituten bzw. Universitäten auszutragen, sondern sich institutsübergreifend zu vernetzen. Das hängt natürlich nicht nur vom Vorstand ab, sondern wesentlich von den Mitgliedern.
Was sind genau Ihre Aufgaben innerhalb des VGDH?
Derzeit liegt mein Schwerpunkt bei der Öffentlichkeitsarbeit, ich habe aber auch an der Vorbereitung der Studie zur Geschlechtergleichstellung in der deutschen Hochschulgeographie mitgewirkt, die gerade anläuft. Die Vorstandsarbeit des VGDH zeichnet sich aber dadurch aus, dass – trotz einer gewissen Spezialisierung – alle Themen gemeinsam diskutiert und Beschlüsse gemeinsam gefasst werden. Als Mitarbeiterin des Leibniz-Instituts für Länderkunde bin ich zudem an allen Fragen interessiert, die das Verhältnis von Hochschulgeographie und außeruniversitärer Forschung betreffen.
[cs_divider title=“Dr. Judith Miggelbrink“]Beisitzerin
Leibniz-Institut für Länderkunde
Schongauerstraße 9
04328 Leipzig
Tel.: +49 341 600 55-109
E-Mail: J_Miggelbrink@ifl-leipzig.de
Website: https://www.ifl-leipzig.de/de/das-ifl/mitarbeiter/miggelbrink-judith.html