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Nachruf Prof. Dr. Karl Ganser

Prof. Dr. Karl Ganser ist am 21. April 2022 mit 84 Jahren verstorben. Der Deutsche Verband für Angewandte Geographie möchte dies zum Anlass nehmen, diesen ausgewiesenen und exponierten Vertreter der Angewandten Geographie zu würdigen.

Der im bayerischen Unterallgäu geborene Sohn einer in der Landwirtschaft tätigen Familie studierte Geographie (sowie Biologie, Chemie und Geologie) an der TU München. Er promovierte 1964 mit einer Dissertationsschrift über „Eine sozialgeographische Gliederung der Stadt München nach Wahlergebnissen. Möglichkeiten einer sozialräumlichen Gliederung von Städten aufgrund der Verhaltensweisen der Bevölkerung bei politischen Wahlen“ und war anschließend bis 1967 am Geographischen Institut der TU München tätig. Sein besonderes Interesse galt Fragen der stadträumlichen Gestaltung und Differenzierung sowie der städtebaulichen Umgestaltung. 1967 wechselte er, nachdem der damalige Münchener Oberbürgermeister Hans-Joachim Vogel auf ihn aufmerksam wurde, in die Verwaltung der Landeshauptstadt und baute dort ein Amt für Stadtentwicklung neu auf. Vier Jahre später wechselte er erneut, diesmal in die Leitung der damaligen Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung in Bonn-Bad Godesberg. 1980 wurde er unter dem damaligen NRW-Städtebauminister Christoph Zöpel Abteilungsleiter in dessen Ministerium. In seinen Zuständigkeitsbereich fielen die breit aufgestellten Themenfelder Stadterneuerung, Denkmalschutz, kommunaler Straßenbau und Bauleitplanung.

Große überregionale Bekanntheit erlangte Ganser 1989, als er Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung Emscher Park wurde und in dieser Funktion zu Recht als „Architekt des neuen Ruhrgebiets“ (FAZ 02.05.2022) tituliert werden kann. Zehn Jahre setzte er heute immer noch wirkende Impulse für die jüngsten Entwicklung des Strukturwandels im Ruhrgebiet, mit einem planungsorientierten Fokus in Erhalt und Umnutzung von ehemals montanindustriell genutzten Flächen und der Landschaftsumgestaltung im Emscher-Raum, ganz entsprechend dem heute folgenden Konzept der Kreislaufwirtschaft. Sein planerischer und durchaus visionär-pragmatischer Ansatz war also nicht dem häufig favorisierten Konzept „Abreißen alter Strukturen und Neues bauen“ verpflichtet, sondern eine Erneuerung auf bestehenden und einzubeziehenden Strukturen mit ihren Potenzialen aufzubauen. Zudem verstand er es in herausragender Form eine Vielzahl von Akteuren – auch die Bürgerschaft – moderierend und partizipierend einzubinden und für seine Ideen zu begeistern. Nach seinem Ausscheiden aus dem IBA-Amt engagierte er sich u.a.  noch in Augsburg im Rahmen eines UNESCO-Weltkulturerbe-Projektes. Heute sichtbare Landmarken und Imageelemente des Ruhrgebiets wie der Landschaftspark Duisburg-Nord, das UNESCO-Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen oder das Gasometer in Oberhausen sind hier originär mit seinen Aktivitäten verknüpft.

Noch während seiner Tätigkeit in der Münchener Geographie trat Karl Ganser in den Deutschen Verband für Angewandte Geographie ein, er wurde 1968 in den Vorstand gewählt. Auf dem Kieler Geographentag 1969 erregte sein Vortrag „Thesen zur Ausbildung des Diplomgeographen“ fachpolitisch großes Aufsehen und kann als ein heute immer noch nachwirkender Meilenstein für die Berufsorientierung in der universitären Ausbildung von Geographie-Studierenden gelten. Zudem trug er grundlegend zur damaligen Öffentlichkeitswirkung des DVAG bei.

Der DVAG wird Prof. Dr. Karl Ganser ein ehrendes Andenken voller Respekt und Wertschätzung bewahren. Wir werden einen herausragenden Angewandten Geographen vermissen!

Rudolf Juchelka – für den Vorstand des DVAG

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